Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zusammen mit Frankreichs Präsident François Hollande bei einem Festakt in Ludwigsburg die Rede des früheren französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle an die deutsche Jugend vor 50 Jahren gewürdigt. De Gaulle hatte damit einen Grundstein für die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg gelegt. Am 22. Januar 1963 schließlich unterzeichneten de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer in Paris den Élysée-Vertrag "über die Organisation und die Grundsätze der Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten".
Bundeskanzlerin Merkel würdigte die Rede de Gaulles an die Jugend als Vermächtnis "eines weitsichtigen Europäers. Seine Worte haben eine ganze Generation geprägt." Er habe den Blick nach vorne gerichtet, einen "Blick in eine gemeinsame Zukunft Deutschlands und Frankreichs in Europa." Seine in deutscher Sprache gehaltene Rede sei ein Schritt hinweg über die alten Gräben gewesen, um einen Weg in eine gemeinsame friedliche Zukunft zu bereiten. "De Gaulle und Konrad Adenauer haben das Fundament gelegt, sie stehen für die Aussöhnung unserer beider Nationen", so die Kanzlerin.
De Gaulle habe zudem in seiner Rede an die Jugend konkrete Vorstellungen eines zusammenwachsenden Europas aufgezeigt. Merkel zitierte ihn mit den Worten, dass die "Zukunft Europas in den Händen der deutschen und französischen Jugend" und der Aussöhnung der beiden Staaten läge. Diese Aussöhnung und das zusammengewachsene Europa nannte die Bundeskanzlerin eine "beispiellose Erfolgsgeschichte". Ohne sie wären auch der politische Wandel des Jahres 1989 und die deutsche Wiedereinigung undenkbar gewesen.
"Die Integration Europas öffnete ein Tor für eine Ära des Wohlstands, des Friedens und der Freiheit. Wir Europäer sind zu unserem Glück vereint", so Merkel. Diese Botschaft dürfe man nie vergessen. Und in diesem Bewusstsein solle man sich den Bewährungsproben unserer Zeit stellen. Merkel hob dabei das Bemühen um mehr Beschäftigung, die Entwicklung des demographischen Wandels sowie die Stabilisierung und Stärkung des Euro hervor.
Europa stehe vor großen Herausforderungen, die man nur gemeinsame lösen könne. Mit Blick auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit in einigen Ländern betonte Merkel, dass gerade junge Menschen Chancen bräuchten. "Wir arbeiten an der nachhaltigen Gesundung Europas." Deutschland und Frankreich komme dabei eine ganz besondere Verantwortung zu. Die deutsch-französische Freundschaft sei keine Selbstverständlichkeit, jede Freundschaft müsse auch gepflegt werden. Jede Generation müsse neu für die deutsch-französische Freundschaft einstehen.
Gegenseitiges Kennenlernen, persönliche Begegnungen und das Erlernen der Sprache des anderen seien dabei unverzichtbar. Deshalb sei besonders die Arbeit des deutsch-französischen Jugendwerkes zu würdigen, bei dem bis heute über acht Millionen junge Menschen an Austauschprogrammen teilgenommen hätten.
Merkel rief die Menschen dazu auf, den Optimismus der Rede des Gaulles zu pflegen und sich von dessen Zukunftsfreude anstecken zu lassen. Er vertraute auf den Tatendrang, die Toleranz und die Weltoffenheit der Jugend. Merkel: "Wenn ich die jungen Menschen hier auf dem Platz sehe, haben wir allen Grund dazu, optimistisch in die Zukunft zu schauen." Merkel richtete zugleich einen Appell an die Jugend in Frankreich, Deutschland und Europa: "Liebe Jugendliche, das Europa der Zukunft liegt in euren Händen."
Information: 50. Jahrestag der Rede von Charles de Gaulle an die deutsche Jugend (PDF 0,2 MB)